Ein kleiner Exkurs durch die Geschichte der Jeans

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Mehr als 150 Jahre nach ihrem Debüt als robustes Kleidungsstück, hat Jeansstoff nichts an seiner Faszination und Popularität verloren. Der erste Jeansstoff wurde in Chieri, einer Stadt nahe Turin im italienischen Piemont hergestellt. Doch als Faser ist Denim, was übrigens nichts anderes ist als eine Abkürzung für „Serge de Nimes“, bereits seit dem Mittelalter bekannt.

Und seit im frühen 20. Jahrhundert Seemänner aus Genua erstmals Jeans trugen und Levi Strauss die widerstandsfähigen Hosen unter Kalifornischen Goldgräbern populär gemacht hat, die später, nach dem Ende des 2. Weltkrieges von US-amerikanischen Soldaten auch unter der europäischen Durchschnittsbevölkerung bekannt gemacht haben, hat Denimstoff oder eben Jeansstoff sich tiefer in das Modeverständnis und die Kleidungsschränke der Menschen eingegraben, als jedes andere Textilgewebe.

Dem langlebigen Stoff ist es gelungen, noch mit jedem Fashiontrend der Welt Schritt halten zu können. Oftmals mit speziellen Fasern vermischt, um Mischgewebe und Kleidung zu gestalten, die es zuvor nicht gab. Einige Gewebearten verlieren an Popularität und Begehrtheit, nicht aber Jeans. Irgendwas hat diese Stoffart an sich, dass sie nie wirklich aus der Mode geraten lässt: Allein in den USA sind 2019 360 Millionen Paar Frauenjeanshosen über den Ladentisch gegangen. Global betrachtet, werden jährlich über 1,8 Milliarden Jeans verkauft. Von Arbeitskleidung bis Streetwear, sportlich leger bis elegant – kaum ein Zweig der Modebranche, der Jeans nicht nutzt.




Eine Timeline der Beliebtheit der Jeans

Der Klassiker unter Jeanskleidung ist und bleibt mit Abstand die Bluejeans, die seit den 50er Jahren niemals wirklich komplett out war. Es gab zwar Zeiten in den 1990ern und Anfang des Milleniums, als Jugendliche sich eher in Cargo- und Khakihosen kleideten, um sich von ihren noch immer Bluejeans tragenden Elterngenerationen zu distanzieren, aber tatsächlich hält der Siegeszug der Jeans seit der Nachkriegszeit zuverlässig an.

Wirklich bekannt und beliebt wurden Jeans in den 1950ern, weil sie das Hollywood-gemachte Cowboy-Image wie kaum ein anderes Merkmal transportierten. Stars wie Marilyn Monroe und James Dean prägten ganze Generationen und ihre Bootcut Jeans und Jeansjacken wurden zu einem jugendkulturellen Fashionstatement.

In den Sechzigerjahren hielten dann extreme Schnitte und Designs wie Schlaghosen und florale Prints Einzug in die Jeanswelt. Tatsächlich wird vielerorts 1962 als das Jahr anerkannt und zitiert, in dem die Jeans ihren wirklichen Einzug in die Massenproduktion von Jeanskleidung hielt. Dieser Erfolg riss auch in den 70ern nicht ab:

Rockstars und Musiker wurden zu wahren Markenbotschaftern der Jeans, die aufgrund ihrer Langlebigkeit, Natürlichkeit und Schlichtheit plötzlich zum Sinnbild für Freiheit wurde. Die Schlaghosen wurden peu à peu von engeren Schnitten abgelöst, Denim wurde im Stone-Wash-Verfahren produziert, um den Jeans eine neue Ästhetik zu verpassen, den man heute als Used-Look kennt.

Dunklere Styles und die Kombination mit Lederapplikationen oder Metallelementen kamen in den 80ern in Mode. Zu dem Zeitpunkt hatten dann auch die Designer dieser Welt keine Chance mehr, den beliebten Stoff in ihren Kollektionen zu verarbeiten. Während dieser Zeit stieg der Umsatz bei Jeansverkäufen in Europa um sage und schreibe 800% an. Nach einem Zeitungsartikel darüber, wie praktisch Jeanshosen auch für Frauen und Mütter sind, erfreuten sich seit 1981 vor allem High-waist-Jeans speziell unter Frauen enormer Beliebtheit; in jenem Jahr verkaufte Levi’s rund 125.000 Frauenjeans pro Woche. Seit einigen Jahren erleben diese Jeans ein kleines Comeback.

Während der 1990er gingen die Verkaufszahlen in den westlichen Industrienationen dann schlagartig zurück. Khakipants, Cargohosen und sportliche Kleidung verkaufte sich unter den jüngeren Menschen besser, als die langweiligen Bluejeans. Dem zum Trotz eroberten in dieser Zeit extrem weite Baggyjeans (heute auch unter dem Label „Boyfriend Fit“ bekannt) die Ladenregale und lösten die eng geschnittenen Jeansmodelle sogar unter vielen Frauen ab.

Zur gleichen Zeit, als westliche Hersteller erste Experimente bei der Verarbeitung des Gewebes wagten und dem bis dahin sehr steifen Jeansmaterial zum Beispiel Fasern aus Latex beimischten, um den Stoff etwas flexibler und dehnbarer zu machen, eroberten die Original Bluejeans gerade erst Entwicklungsländer wie Indien, wo die Denim-Technologie um 1986/87 importiert wurde. In der Folge stieg besonders Indien zu einem der weltweit größten Herstellerländer für Jeans auf.

Um die Jahrtausendwende herum explodierte der Jeansmarkt nahezu. Produktinnovationen mit speziellen Fasern trugen nun endlich Früchte und Denim war aus der Modewelt endgültig nicht mehr wegzudenken. Ob Weiterentwicklung des Gewebes oder die Einführung nachhaltiger Technologien: vorausblickende Marken und Hersteller taten und tun sich verstärkt mit Lieferanten, Verkäufern und Konsumenten zusammen, um den ökologischen Fußabdruck bei der Jeansherstellung zu reduzieren.

Im letzten Jahrzehnt hat der Jeansmarkt weiter expandiert. Was aber nun passiert ist, ist, dass die Haute Couture auf den Zug aufgesprungen ist, weshalb es nun kaum noch abgegrenzte Designtrends gibt. Stattdessen sind Schlaghosen gleichzeitig mit Hüfthosen mit High-Waist-Jeans, Bootcuts und gerade geschnittenen Jeans erhältlich. Ein Potpourri aus allen bereits dagewesenen Stilen, deren Koexistenz die neue Normalität ist und die Grenzen zwischen Freizeit- und formellem Look zunehmend aufweicht.


Foto von Julia Kuzenkov von Pexels

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